Projekt

Codewort Schwarze Spinne Konstruktion kollektiver Identität durch Musiktheater

Das Schweizer Musiktheater stellt seit jeher das Kollektiv in den Vordergrund und weniger das Individuum. Dabei neigt es zur Idealisierung eines «einig Volk von Brüdern» und zur Ausblendung von Momenten verfehlten Gemeinschaftshandelns. Bewusst oder unbewusst unterstützt die Gattung somit eine geschlossene, unkritische Erzählung des Mythos Schweiz.
Das SNF-Agora-Projekt vermittelt, wie Musiktheater und Kunst im Allgemeinen in der Schweiz als Ressource für politische Propaganda instrumentalisiert wurden und werden. Zu veranschaulichen ist dies anhand der Beschäftigung mit Opernversionen von Jeremias Gotthelfs Novelle Die schwarze Spinne (1842). Seit den 1930er-Jahren wird der Stoff immer wieder neu bearbeitet, um ein jeweils aktuelles schweizerisches Selbstbild zu bewerben. Das Projekt macht solche manipulativen Mechanismen eines politischen Storytellings erkennbar und regt unter Berücksichtigung der aktuellen gesellschaftlichen Realität einer pluralistischen Schweiz zur Neuformulierung von Gotthelfs Fabel mit den Mitteln des Musiktheaters an. Zusammen mit diversen Laiengruppen setzt sich das Projektteam mit verschiedenen Lesarten des Stoffs auseinander und entwickelt aus dem gemeinsamen Diskurs eine eigene Bühnenversion. Die kollaborativ erarbeitete Neufassung der Schwarzen Spinne wird am Jungen Theater Biel uraufgeführt. Aus der Dokumentation des Arbeitsprozesses geht ausserdem ein Radiofeature hervor, das Radio SRF2 ausstrahlt. Die Projektarbeit will dazu anregen, vermeintliche Gewissheiten zu hinterfragen, liebgewonnene Klischees und Vorurteile anzuzweifeln sowie politische Überzeugungen auf den Prüfstand zu stellen. Dabei sollen die aktiv Beteiligten wie auch die Rezipierenden neue Möglichkeiten des (Zusammen-)Seins erfahren können.

Forschungsposter (pdf)

Einträge

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