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Musik- und Theaterensembles im Europa des 19. Jahrhunderts waren häufig als Genossenschaften organisiert, deren Mitglieder gleichberechtigt zusammenarbeiteten. Zeitgenössische Texte sahen nicht-hierarchische Organisationsformen in vielen Zusammenhängen als entscheidend für die Qualität künstlerischer Arbeit. Dieses historische Phänomen ist heute in Vergessenheit geraten, während andere Formen der genossenschaftlichen Arbeit gut erforscht sind. Ziel des Projekts ist es, Organisation und künstlerische Praktiken führender kooperativer Ensembles (der Londoner Philharmonic Society, der Pariser Société des concerts du conservatoire und der Berliner Theatergesellschaft Urania) zu untersuchen und historische Formen der kooperativen Zusammenarbeit wieder in die heutige Kunstpraxis einzuführen.
Kooperative Ensemblepraktiken werden im Rahmen einer quellenbasierten historischen Studie musikwissenschaftlich, theaterwissenschaftlich und kunstsoziologisch untersucht. Die Erkenntnisse dieser Studien werden in einer kooperativen Forschungsgruppe aus Künstler:innen des Freiburger Barockorchesters und dem Forschungsteam in der Praxis erprobt. Die Methodik dieser Kooperation basiert auf dem Konzept der künstlerischen Forschung und verbindet musikalische Praxis mit qualitativen sozialwissenschaftlichen Methoden.
Die Ergebnisse des Projekts bilden die Grundlage für eine Neubewertung der Verbreitung, Funktion und historischen Bedeutung kooperativer Ensemblepraktiken. Bisherige Annahmen über die Überlegenheit hierarchischer Formen der Zusammenarbeit in Musik- und Theaterensembles werden neu bewertet, und kooperative Arbeit wird in der heutigen Musikpraxis erprobt.
Bild: Aufführung der Philharmonic Society in den Hanover Square Rooms, aus Illustrated London News, 1843 (Public Domain)