Die RepräsentantInnen des Pop-Mainstreams verfolgen von Anfang an das Ziel der optimalen Performance. Um diese zu erreichen, greifen sie bisweilen zu allen verfügbaren Mitteln der Manipulation: Alles Fehlerhafte wird bis zur vollendeten Perfektion eliminiert, auch DilettantInnen und Amateure haben durch Korrekturen im Timing, in der Intonation und in der Phrasierung die Chance auf den grossen Erfolg. Und alles Perfekte, Reine wird wieder bis zur Unkenntlichkeit verfremdet oder zu neuem Material recycelt. Dass in Popsongs zurechtgestutzt und geschnitten wird, ist vielleicht manchem klar; wie dies aber genau geschieht und welchen Einfluss es auf den Rezipienten hat, wird in diesem Forschungsprojekt untersucht.
Der Einzug digitaler Technologien in die Musikproduktion führte zu einer Vielzahl neuer Möglichkeiten, Studio- oder Live-Aufnahmen nachträglich mit Hilfe entsprechender Musiksoftware zu bearbeiten. ProduzentInnen und TontechnikerInnen gewannen dadurch einen grossen und entscheidenden Einfluss auf die endgültige Klangästhetik einer Produktion. Während der Umgang mit Musiksoftware und der Einsatz digitaler Schnitttechniken inzwischen zur Alltagsroutine in den Studios geworden sind, mangelt es in der musikpsychologischen Rezeptionsforschung an grundlegenden empirischen Untersuchungen. Das länderübergreifende Projekt «Inside the Cut» zwischen der Hochschule der Künste Bern und der Musikhochschule Lübeck wagt einen ersten Schritt in diese Richtung. Neben der Rezipientenseite wird dabei auch die Seite der ProduzentInnen und TontechnikerInnen berücksichtigt. Das Projekt verfolgt das konkrete Ziel, die Wahrnehmung auditiver Schnittmuster in der populären Musik näher zu untersuchen. Eine 2010 erschienene Publikation liefert eine Einführung in das Thema und fasst die Untersuchungsergebnisse wie auch die daraus erwachsende Diskussion zusammen.