Der bis heute gebräuchliche Bogen wurde schon um 1790 von François Tourte in Paris entwickelt und setzte sich nach herrschender Meinung rasch international durch. Aber galten in Paris wirklich die gleichen Klangvorstellungen wie in Wien, und welche Bögen verwendeten die Musiker in Beethovens Umkreis?
Das Forschungsprojekt «Ein Bogen für Beethoven» der Hochschule der Künste Bern, das instrumentenkundliche und aufführungspraktische Forschungsansätze verbindet, brachte überraschende Erkenntnisse: Einerseits wurden traditionelle Bogenformen noch nach Beethovens Tod verwendet und als «Wiener» Sondermodell sogar neu gebaut. Andererseits hat auch der «moderne» Bogen seit Tourte tiefgreifende Veränderungen erfahren, die sich – obwohl fast unsichtbar – entscheidend auf seine Spieleigenschaften auswirken. Der Bogen erweist sich als sensibles Handwerkszeug, das eng mit der Klangvorstellung und der Spieltechnik seines Benutzers verbunden ist, wie schon G.-B. Viotti (1755–1824) formulierte: «Le violon c’est l’archet».
Das internationale Symposium zeigt, dass Spieleigenschaften unveränderter Originalbögen als ein Spiegelbild aufführungspraktischer Traditionen gelesen werden können, die zur Zeit Beethovens und Paganinis weit von heutigen Standardisierungen entfernt waren. Berner Forschungsergebnisse (mit Tonbeispielen auf Originalbögen) werden durch Forschungen aus Wien, München und Paris ergänzt. Im Abschlusskonzert erklingen historische Bögen in Violinwerken Beethovens auf Instrumenten aus dem Bestand der Sammlung alter Musikinstrumente.
Programm
10:00–10:15 Uhr:
Einschreibung der Symposiumsteilnehmer/innen
10:15–10:30 Uhr:
Begrüssung
10:30–11:00 Uhr:
Rudolf Hopfner (Wien): Quellen zum Wiener Bogenbau vor 1800
11:00–11:45 Uhr:
Kai Köpp (Bern): Streichbögen um 1825 aus instrumentenkundlicher Sicht
11:45–12:30 Uhr:
Benjamin Hebbert (Oxford): French Revolution and instrument making about 1825
12:30–13:15 Uhr:
Kai Köpp, Hiro Kurosaki (Salzburg): «Repertoirespezifische Spieleigenschaften» – Bericht über eine Versuchsreihe an 12 Originalbögen (mit Demonstration)
PAUSE
15:00–15:45 Uhr:
Kai Köpp: «Le violon c'est l'archet» – Bögen für professionelle und nicht-professionelle Musiker um 1825
15:45–16:30 Uhr:
Bernard Gaudfroy (Lille): Der Bogen von Francois Tourte, der letzte Entwicklungsschritt der Geige?
16:30–17:15 Uhr:
Silvia Rieder (München): Die Bögen der Münchner Hofkapelle – porträtiert von Peter Jacob Horemans (1700–1776): Zwischen alten baulichen Traditionen und neuen Entwicklungen
17:15–17:45 Uhr:
Roundtable (anschliessend Gelegenheit, Originalbögen anzuspielen)
PAUSE
19:30 Uhr:
Öffentliches Konzert · Violinsonaten mit verschiedenen historischen Bögen
Ludwig van Beethoven, Violinsonate Nr. 1 D-Dur op. 12 /1
Rudolph Erzherzog von Österreich, Variationen für Violine und Klavier F-Dur
Ludwig van Beethoven, Violinsonate Nr. 10 G-Dur op. 96
Hiro Kurosaki, Violine (Franz Geissenhof, Wien 1806, SAM 683)
Linda Nicholson, Piano-Forte (André Stein, Wien 1819, SAM 560)
Das Symposiumsprogramm inklusive Abstracs findet sich hier.
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