Lehrwerke, instruktive Notenausgaben und historische Instrumente geben uns heute wichtige Informationen über die Art, wie Musik aus dem 18. und 19. Jahrhundert einst interpretiert wurde. Keine dieser Quellen ist dabei so unmittelbar wie Tondokumente, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts verfügbar sind und uns wichtige Eindrücke vermitteln. Wie alle anderen Quellen müssen allerdings auch Tondokumente kritisch geprüft und eingeordnet werden – und in diesem Konzert wird das Camesina-Quartett diese Aufgabe auf künstlerische Weise übernehmen.
Basierend auf historischen Aufnahmen des Klingler-Quartetts und des Rosé-Quartetts wird es damalige Interpretationen von Streichquartetten von Beethoven (Harfenquartett) und anderen Komponisten im Sinne eines «Embodiments» in die Gegenwart holen.
Ziel dieses «Embodiments» ist es für das Camesina-Quartett, sich der Interpretationspraxis und den stilistischen Eigenheiten des 19. und frühen 20. Jahrhunderts soweit anzunähern, dass es den Stil wieder in seiner Natürlichkeit begreifen kann, um dann freier damit umzugehen. Eher fremd gewordene Stil- und Ausdrucksmittel, etwa Portamenti oder der freie Umgang mit dem Tempo, aber auch das unabhängigere Spiel der einzelnen Instrumente, sollen wieder ungezwungen eingesetzt werden können.
Die musikalischen Vorbilder sind dabei stark im 19. Jahrhundert verwurzelt. So sah sich das 1882 gegründete Rosé-Quartett als Erbe des Hellmesberger-Quartetts und wurde u.a. von Johannes Brahms überaus geschätzt. Arnold Rosé war der Schwager von Gustav Mahler und Konzertmeister des Hofopernorchesters, sowie Mitglied der Wiener Philharmoniker.
Bild: Rosé-Quartett; Gruppenbildnis mit Arnold Rosé, Paul Fischer, Anton Ruzitska und Friedrich Buxbaum (Atelier Madame d'Ora, 1915; Österreichische Nationalbibliothek)
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