Veranstaltungen

2012 Workshop «Zwischen Sprache und Gesang: Deklamation, Melodram, Rezitativ»

Deklamation, Melodram und Rezitativ zählen zu den dramaturgisch wesentlichsten Elementen der Oper des 19. und 20. Jahrhunderts. Da sie aber oft als sängerisch anspruchslos eingeschätzt werden, sind sie zugleich die vielleicht am stärksten vernachlässigten Elemente. Der Workshop will Strategien des Sprechgesangs in der künstlerischen Praxis erproben und stützt sich dabei auf zeitgenössische Quellen und Tondokumente aus dem frühen 20. Jahrhundert.
In diesem Workshop werden Methoden zur Umgehung der standardisierten Praxis erprobt, indem etwa die melodramatische Deklamation auf bestimmten Tonhöhen und mit einer historischen Bühnen-Aussprache verbunden wird. Rezitative werden auf eine andere Art notiert und einstudiert, die für heutige Musiker deklamatorische Akzente, Inflektionen und Freiräume erkennen lässt. Gesangstraktate wie die von Manuel Garcia (1847) oder William Newton (1861) enthalten bereits Hinweise auf eine Notation ohne Rhythmus, in der die Tonhöhe mit weissen Noten ohne Hälse angegeben sind.
Weitere schriftliche Quellen sowie frühe Tonaufnahmen liefern ein Fülle an Informationen zur deklamatorischen Sprachführung sowie zur Improvisations- und Verzierungspraxis im Rezitativ-Vortrag. Solche Quellen dienen als Ausgangspunkt, um innovative, historisch fundierte Aufführungsmöglichkeiten der musikalischen Deklamation sowie des deklamatorischen Gesangs zu entdecken. Dank der Zusammenarbeit mit dem Théâtre Musical werden Erfahrungen mit Improvisationselementen und Techniken des Sprechgesangs aus der Gegenwart und dem 19. Jh. mit einander verknüpft und gegenseitig, sowohl im Bereich einer „entstandardisierten“ Gesangspraxis für die Oper, wie auch im Umgang mit improvisiertem Sprechgesang als neue Methode für den kompositorischen Prozess im Théâtre musical, fruchtbar gemacht.

Dieser Workshop ist Teil der BFH-Forschungsprojekte Das Stiefkind des Gesangs zum Sprechgesang sowie Sänger als Schauspieler zu Darstellungsformen des 19. Jahrhunderts.

Hinweise
Es werden für alle Teilnehmer Rezitative, Melodrame und Texte ausgesucht und nach erfolgter Anmeldung zur Vorbereitung zugesandt. Die musikalischen Workshopteile werden durch einen Pianisten begleitet. Als Vorsondierungen zu einer CD-Produktion des Rezitativ-Forschungsprojektes können bereits einige Tonaufnahmen während des Workshops gemacht werden.

Dozierende / Teachers
Hans Peter Blochwitz, Dozent Gesang
Leo Dick, Assistent Théâtre musical
Christian Hilz, Dozent Gesang
Kai Köpp, Dozent Interpretationspraxis, Musikforschung
Laura Möckli, Musikwissenschaftlerin, Doktorandin

Korrepetition und Improvisation
Sebastian Bausch, Pianist, Doktorand im Forschungsteam „Angewandte Interpretationsforschung“

Programm

Donnerstag/Thursday 15.11.2012
9.30–12.30 Musikalische Deklamation
•    Eröffnung / Einleitung
•    Theorieteil 1: Historische Quellen und Techniken des 19. Jh.
•    Praxisteil 1: Deklamation und Melodram im Stil des 19. Jh.
14.00–17.00 Deklamatorischer Gesang
•    Praxisteil 2: Neue Wege zum Rezitativ

Freitag/Friday 16.11.2012
09.30–12.30 Deklamation, Melodram, Rezitativ Historisch/Zeitgenössisch
•    Theorieteil 2: Das deklamatorische im heutigen Théâtre musical
•    Praxisteil 3: Gruppenarbeit an Einzelprojekten, rotierende Betreuung durch Dozierende
14.00–17.00 Ergebnisse
•    Praxisteil 4: Übertragung auf grössere Abschnitte in der Gruppenarbeit
•    Vortrag und Aufnahme der Ergebnisse
•    Abschlussdiskussion

 

Bild: Honoré Daumier (1808–1879): Melodrama (1856–1860), Ausschnitt (München: Neue Pinakothek)

KALENDER

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