«Anno 1811 ist die jezige Musick=Gesellschaft zusammen getretten»
Im Klingenden Museum Bern liegt ein Konvolut aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, bestehend aus 20 Blas- und Schlaginstrumenten sowie 49 handschriftlichen Notenbüchern. Das vierjährige Projekt will aus dieser in ihrer Vielschichtigkeit einzigartigen Quelle modellhaft die Genese einer damals neuen Form der Blasmusik ablesen, die sich ungebrochen zu deren heutiger Form weiterentwickelt hat.
Dieses «Hundwil-Konvolut» geht auf zwei Musikgesellschaften in der Ostschweiz zurück, die die damals neue Form der Blasmusik mit Klarinetten als Melodieinstrumenten und viel Schlaginstrumenten pflegten. Die Querverbindungen zwischen den erhaltenen Instrumenten, den über 450 Musikstücken (Märsche aller Art, Walzer, Stücke aus Opern) und den zahlreichen Informationen in den Notenbüchern (z. B. Namen der Spieler, Konzertdaten und -programme) machen das Konvolut als Quelle besonders interessant. Aufgrund seiner drei unterschiedlichen historischen Schichten lässt sich zudem die frühe Entwicklung dieser militärischen oder zivilen Blasmusiken rekonstruieren, so beispielsweise die fortlaufende Ergänzung neuer Stücke in den Stimmbüchern oder der Einbezug der damals modernen Blechblasinstrumente mit Ventilen gegen Mitte des Jahrhunderts.
Das Team untersucht dies aus den drei Blickwinkeln der Instrumentenkunde, der historischen Forschung und der musikwissenschaftlichen Analyse. Die Resultate werden sowohl der Wissenschaftscommunity als auch der interessierten Öffentlichkeit vermittelt: im Rahmen eines Symposiums und durch Publikationen sowie mittels einer Ausstellung, Konzerten der Musik auf historischen Instrumenten und Notenausgaben.
Bild: Im Notenbuch der Trommel findet sich das früheste im Konvolut erwähnte Datum: «Anno 1811 ist die jezige Musick=Gesellschaft zusammen getretten in der oberen Bleiche vor dem…» © Klingendes Museum Bern
Aufruf!
Mit einem Artikel in der Zeitschrift Alpenrosen (Ausgabe März/April 2024, S. 47–49) wendet sich das Forschungsteam an Leser*innen aus der traditionellen Musikszene. Dazu erfolgt der Aufruf: Wissen Sie von Blasmusiknoten, Protokollbüchern oder ähnlichem Material von Vereinen aus der Ostschweiz aus dem 19. Jahrhundert? Haben Sie in Ihrem Musikverein ähnlich alte Dokumente und möchten diese ans Tageslicht bringen? Dann freuen wir uns, von Ihnen zu hören.
blasmusikforschung@ hkb.bfh.ch