Projekt

Korrosion Blechblasinstrumente des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zwischen langfristiger Erhaltung und Benutzung in der historisch informierten Aufführungspraxis

Die historisch informierte Aufführungspraxis von älterer Musik benötigt als wesentliches Element «period instruments» – d.h. Originale der entsprechenden Zeit oder Nachbauten davon – für Konzertbetrieb, Lehre und Forschung. Der Gebrauch historischer Instrumente aus Metall steckt dabei in einem Dilemma: Ein Instrument, das gespielt wird, erleidet Schäden durch Abnutzung und Korrosion, wenn es hingegen stillgelegt und im Museum verwahrt wird, verliert es seine Stimme, wird auf sein Objekt-Sein reduziert.

Für dieses Dilemma versucht das Projekt, Lösungsansätze zu finden. Dabei werden Korrosionsphänomene im Inneren der Messinginstrumente erstmals erforscht und gemessen. Danach experimentiert eine Langzeitstudie mit Möglichkeiten schonender Nutzung und präventiver Konservierung. Zum Abschluss wird ein Satz von 21 Blechblasinstrumenten rekonstruiert und im Konzert eingesetzt, wie er vor 100 Jahren bei der Uraufführung von Strawinskys «Sacre du Printemps» in Paris gespielt worden sein könnte.
Möglich macht dies eine multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen HKB (Musikwissenschaft, Instrumentenkunde), Sammlungszentrum des Schweizerischen Nationalmuseums (Konservierungsforschung), Paul Scherrer Institut Villigen (Tomographie) und Institute for Corrosion der ETH Zürich (Messmethodik).

Forschungsplakat

Bild: Messing korrodiert von aussen und innen, besonders aufgrund der im Instrument verbleibenden Feuchtigkeit und der Salze im Speichel.

Sacre – Besetzung

Die Zeit der Sacre-Uraufführung kurz vor dem Ersten Weltkrieg war eine Zeit des orchestralen Megalomanismus. In der Nachfolge von Richard Wagner, der vor allem in seinen Musiktheaterwerken den Klangfarbenreichtum des 19. Jahrhunderts beständig erweiterte, verwendeten verschiedene Komponisten ebenfalls die grosse Palette.

Auch Strawinsky setzt in seiner Partitur eine umfangreiche Besetzung voraus. Er verlangt dabei folgende Instrumente:

5 Flöten (davon 2 Piccoloflöten, sowie eine – handschriftlich nicht erwähnte – Altflöte)
5 Oboen (davon 2 Englischhörner)
5 Klarinetten (inkl. Es- und 2 Bassklarinetten)
5 Fagotte (davon 2 Kontrafagott)
8 Hörner (nicht erwähnt sind 2 alternierend gespielte Wagnertuben)
5 Trompeten (davon eine D- und eine Tromba contralta in F)
3 Posaunen
2 Tuben
Pauken und Schlagwerk (4 Personen)
sowie einen ausgiebigen Streicherapparat (16/14/12/10/8) und damit ein Total von 102 Personen.

Es gibt nur wenige Besetzungen, die umfangreicher ausfielen – gleichsam mit dem Ersten Weltkrieg kam es kurz darauf zu einer Abkehr vom Wetteifern um die grösste Orchesterstärke. Gemeinhin gelten deshalb die ebenfalls 1913 uraufgeführten Gurrelieder von Arnold Schönberg als umfangreichste Partitur – mit nicht weniger als 8 Flöten, 5 Oboen, 7 Klarinetten, 5 Fagotten, 10 Hörnern, 7 Trompeten, 7 Posaunen, Kontrabasstuba, 4 Harfen, Celesta, Schlagwerk und rund 80 Streichern. Dies ganz zu schweigen von den ähnlich wie in Mahlers 8. Sinfonie («Sinfonie der Tausend» genannt) noch zu ergänzenden Vokalsolisten und Chören.