Projekt

Korrosion Blechblasinstrumente des 19. und frühen 20. Jahrhunderts zwischen langfristiger Erhaltung und Benutzung in der historisch informierten Aufführungspraxis

Die historisch informierte Aufführungspraxis von älterer Musik benötigt als wesentliches Element «period instruments» – d.h. Originale der entsprechenden Zeit oder Nachbauten davon – für Konzertbetrieb, Lehre und Forschung. Der Gebrauch historischer Instrumente aus Metall steckt dabei in einem Dilemma: Ein Instrument, das gespielt wird, erleidet Schäden durch Abnutzung und Korrosion, wenn es hingegen stillgelegt und im Museum verwahrt wird, verliert es seine Stimme, wird auf sein Objekt-Sein reduziert.

Für dieses Dilemma versucht das Projekt, Lösungsansätze zu finden. Dabei werden Korrosionsphänomene im Inneren der Messinginstrumente erstmals erforscht und gemessen. Danach experimentiert eine Langzeitstudie mit Möglichkeiten schonender Nutzung und präventiver Konservierung. Zum Abschluss wird ein Satz von 21 Blechblasinstrumenten rekonstruiert und im Konzert eingesetzt, wie er vor 100 Jahren bei der Uraufführung von Strawinskys «Sacre du Printemps» in Paris gespielt worden sein könnte.
Möglich macht dies eine multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen HKB (Musikwissenschaft, Instrumentenkunde), Sammlungszentrum des Schweizerischen Nationalmuseums (Konservierungsforschung), Paul Scherrer Institut Villigen (Tomographie) und Institute for Corrosion der ETH Zürich (Messmethodik).

Forschungsplakat

Bild: Messing korrodiert von aussen und innen, besonders aufgrund der im Instrument verbleibenden Feuchtigkeit und der Salze im Speichel.

Ausbreitung von Feuchtigkeit im Instrument

Mittels Neutronen kann David Mannes im Paul Scherrer Institut Metall durchleuchten. So kann organisches Material im Innern eines Instrumentes – insbesondere auch die mit der Atemuft eingebrachte Feuchtigkeit – sichtbar gemacht werden. Eine Abfolge von solchen Bildern ergibt einen Film im Zeitraffer (Film 1, wetting), der es erstmals erlaubt, die Ausbreitung der Feuchtigkeit während des Spiels zu beobachten. Wo im Instrument (hier ein Cornet) bilden sich grössere Tropfen, wo wird das Instrument nass? An diesen Stellen ist aufgrund der chemischen Prozesse auch die stärkste innere Korrosion zu erwarten, wie sie das Forschungsvorhaben untersucht. Dass das Innere über lange Zeit nach dem Spielen nass bleibt, zeigt Film 2 (state of humidity). Bei täglichem Gebrauch trocknet ein solches Instrument demzufolge nie. Erst ein Ventilator, der vom Schallbecher her während rund zweieinhalb Stunden durchs Instrument bläst, vermag die Feuchtigkeit zu entfernen (Film 3, drying (Ventilator)).