Projekt

«Recording the Soul of Piano Playing» Interpretationsforschung an Welte-Musikrollen und neue Beiträge zur Klärung ihres Aufnahmeverfahrens

Unter den selbstspielenden Klavieren und Orgeln ist die pneumatische Aufnahme- und Wiedergabetechnologie der Firma Welte die weitaus differenzierteste. Die zwischen 1904 und 1932 mit dieser Technologie aufgenommenen Interpretationen berühmter Musiker bieten ein weites kulturwissenschaftliches Forschungsfeld, das im Hinblick auf die Interpretationspraxis des 19. Jahrhunderts erschlossen werden soll. Im Mittelpunkt dieses Folgeprojektes von «Wie von Geisterhand 1» und «Wie von Geisterhand 2» steht der Interpretationsvergleich, der durch die Welte-Technologie erstmals ermöglicht und von Anfang an werbewirksam inszeniert wurde. Dieser Interpretationsvergleich stiess gerade beim wohlhabenden Bildungsbürgertum auf grosses Interesse, denn die Technologie konservierte eine Interpretationskultur, die zu dieser Zeit bereits von starken Gegenbewegungen verdrängt wurde, die bis heute unser Musikleben prägen. Eine historisch orientierte Analyse dieser Interpretationen soll intentionale Entscheidungen damaliger Musiker offen legen, die zur Kriterienbildung für die computergestützte Tonträgerforschung beitragen können. Die zu erwartenden Ergebnisse sollen im Hinblick auf die heutige Interpretation von Klaviermusik des 19. Jahrhunderts praktisch verwertet werden. Um die differenzierten Editionsvermerke interpretieren zu können, die in überraschend grosser Zahl auf Aufnahmerollen für Orgel identifiziert werden konnten, wird der einzige erhaltene Aufnahmeapparat der Firma Welte erstmals technisch untersucht. Dies bringt möglicherweise neue Erkenntnisse zum Aufnahmeverfahren der Firma Welte, das bisher nicht zweifelsfrei rekonstruiert werden konnte.

Forschungsplakat

Rückblick auf das Symposium

Das in Seewen stattfindende Symposium «Recording the Soul of Music» im März 2013 verband die Präsentation von Ergebnissen des Forschungsprojektes mit Beiträgen von externen Fachleuten und Diskussionen. Insbesondere wurde über die besondere Quellengattung der «Aufnahmerollen» berichtet, die nach heutigem Kenntnisstand nur in der Seewener Sammlung erhalten ist (sowie in zwölf daraus entnommenen Aufnahmerollen Max Regers, die heute im Max-Reger-Institut Karlsruhe aufbewahrt werden). In Verbindung mit dem ebenfalls im Besitz des Seewener Museums befindlichen einzigen erhaltenen Aufnahmeapparat der Firma Welte, der im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt erstmals wissenschaftlich untersucht worden war, liess sich die wesentliche Frage nach dem Aufnahmeprozess – etwa in Bezug auf Dynamik – weitgehend beantworten. Zentral war schliesslich die positiv zu beantwortende Frage nach der Verlässlichkeit der Welte-Rollen als Dokumente historischer Interpretation.

Während die wissenschaftlichen Beiträge in einem Tagungsband aufgearbeitet und veröffentlicht werden sollen, finden sich einige visuelle bzw. klingende Impressionen bereits jetzt an dieser Stelle. (Bilder: C. Hänggi)