Projekt

Zwischen Konversation und Urlaut Studien zum musikalisierten Sprechen im 
Composed Theatre mittels musikwissenschaftlicher und phonetischer Methoden

Ein zentrales Experimentierfeld des zeitgenössischen Composed Theatre (französisch als ‹Théâtre Musical›, deutsch meist als ‹Neues Musiktheater› bezeichnet) ist die Suche nach einem musikalisierenden Umgang mit der Sprechstimme bzw. mit Sprechklang und Sprechvortrag als szenischem Parameter. Hierin steht das Composed Theatre in der Tradition der klassischen Sprechkünste: Zwar gliedert sich die Sprechpraxis im Composed Theatre nicht etwa ein in ein klassisches ästhetisches Bezugssystem der gehobenen Rede oder Rhetorik, sondern experimentiert scheinbar ganz frei mit Lautsprachlichkeit in all ihren elementaren und soziokulturellen Facetten. Gleichwohl haben sich bei aller experimentellen Heterogenität seit den sechziger Jahren gewisse kompositorische, aufführungspraktische und wirkungsästhetische Stilprinzipien und Konventionen verfestigt, die als genretypisch gelten dürfen.
Das Forschungsprojekt «Zwischen Konversation und Urlaut» unternimmt den Versuch, einige dieser Merkmale aus wissenschaftlicher Perspektive genauer zu fassen. Dabei steht die Betrachtung des Wechselverhältnisses zwischen Komponist/-in und Interpret/-in während des Produktionsprozesses und damit die Frage nach neuen Konzepten von Autorschaft im Vordergrund. Daraus abgeleitet werden grundsätzliche Vermutungen zur Konzeption und Funktionsweise von Vokalität in Wechselbeziehung zu anderen Parametern der Bühne, die für das Composed Theatre typisch sind und diese ästhetische Richtung von anderen audiovisuellen Gattungen unterscheidet.

Forschungsplakat

Bild: Happy Hour von Hans Wüthrich, Produktion der Klasse Theâtre Musical unter Leitung und in der Inszenierung von Pierre Sublet. (Bild: Ursula Maria Berzborn)

Lecture Performance

Die Forschungsgruppe des Projekts setzt sich in einem experimentellen Format zwischen Lecture und Performance mit der Frage nach Wirkung und Rezeption gesprochener Sprache auf der Musiktheaterbühne des 21. Jahrhunderts auseinander.

How to Do Things With Words 2013
Performative Versuchsanordnung zur Rezeptionsverschiebung zwischen Unmittelbarkeit und medialer Vermitteltheit.
Künstlerische Forschung live and plugged!

Die Vortragssituation im akademischen Kontext wird seit geraumer Zeit von medialen Aufwertungsversuchen begleitet. Gleichzeitig wird in pädagogischen Studien der Erfolg der Wissensvermittlung auf das direkte Verhältnis zwischen Lehrendem und Studierendem zurückgeführt.
In einer Lecture Performance lassen wir eine akademische Vortragssituation und den Computer als medial vielfältiges Instrument unserer künstlerischen Arbeit aufeinanderprallen und befragen das Setup in Bezug auf Rezeptionserfahrungen und Darstellungsmittel.
«How to Do Things with Words» ist der Titel der berühmten Vorlesungsreihe von John L. Austin (Harvard University, 1955), in der er darlegt, dass eine sprachliche Äusserung immer eine Handlung darstellt, d.h. Zustände in der sozialen Welt verändert. Die in den 60er-Jahren transkribierte Vorlesungsreihe gilt nicht nur als Gründungsurkunde der Sprechakttheorie, diese Entdeckung der «Performanz» für die Linguistik wird auch von einer parallelen Erweiterung des Kunstbegriffes in den Bildenden und Darstellenden Künsten flankiert.
In unserer Versuchsanordnung begreifen wir die Form des akademischen Vortrags als performative Situation: Innerhalb des klassischen ‹Lecture›-Formats begeben sich ein Sprecher und vier Medienperfomer auf Entdeckungsreise und hinterfragen aus ihren unterschiedlichen künstlerischen Perspektiven in einem interdisziplinären Labor verschiedene Ausprägungen und Auffassungen von sprachlicher Performativität. 

Ein Projekt von: Leo Dick, Cyrill Lim, Dana Pedemonte und Tassilo Tesche.
Sprachperformance: Javier Hagen

Präsentationen:
28.11.2013 im Rahmen des Forschungsworkshops STAGE DIGITAL ll – The Making of Atmosphere an der ZHdK (http://www.zhdk.ch/index.php?id=60307)
07.12.2013 im Rahmen der Tagung Laborartorium  an der LMU München

Die Hochschule der Künste Bern
ist ein Departement der Berner Fachhochschule