Projekt

Zwischen Konversation und Urlaut Studien zum musikalisierten Sprechen im 
Composed Theatre mittels musikwissenschaftlicher und phonetischer Methoden

Ein zentrales Experimentierfeld des zeitgenössischen Composed Theatre (französisch als ‹Théâtre Musical›, deutsch meist als ‹Neues Musiktheater› bezeichnet) ist die Suche nach einem musikalisierenden Umgang mit der Sprechstimme bzw. mit Sprechklang und Sprechvortrag als szenischem Parameter. Hierin steht das Composed Theatre in der Tradition der klassischen Sprechkünste: Zwar gliedert sich die Sprechpraxis im Composed Theatre nicht etwa ein in ein klassisches ästhetisches Bezugssystem der gehobenen Rede oder Rhetorik, sondern experimentiert scheinbar ganz frei mit Lautsprachlichkeit in all ihren elementaren und soziokulturellen Facetten. Gleichwohl haben sich bei aller experimentellen Heterogenität seit den sechziger Jahren gewisse kompositorische, aufführungspraktische und wirkungsästhetische Stilprinzipien und Konventionen verfestigt, die als genretypisch gelten dürfen.
Das Forschungsprojekt «Zwischen Konversation und Urlaut» unternimmt den Versuch, einige dieser Merkmale aus wissenschaftlicher Perspektive genauer zu fassen. Dabei steht die Betrachtung des Wechselverhältnisses zwischen Komponist/-in und Interpret/-in während des Produktionsprozesses und damit die Frage nach neuen Konzepten von Autorschaft im Vordergrund. Daraus abgeleitet werden grundsätzliche Vermutungen zur Konzeption und Funktionsweise von Vokalität in Wechselbeziehung zu anderen Parametern der Bühne, die für das Composed Theatre typisch sind und diese ästhetische Richtung von anderen audiovisuellen Gattungen unterscheidet.

Forschungsplakat

Bild: Happy Hour von Hans Wüthrich, Produktion der Klasse Theâtre Musical unter Leitung und in der Inszenierung von Pierre Sublet. (Bild: Ursula Maria Berzborn)

Szenisches Melodram

Als künstlerische Erkundung des Forschungsgebiets findet am 27. Juni 2015 im Museum Tinguely in Basel die Aufführung eines szenischen Melodrams für Sprecher, Instrumentalensemble und kinetische Klangskulpturen statt.

Maître Zacharius basiert auf einer Erzählung von Jules Verne, die von einem genialen Revolutionär der Uhrmacherkunst handelt. Dessen Kreationen bleiben eines Tages unerklärlicherweise plötzlich stehen. Eine letzte intakte Uhr konfrontiert ihren Schöpfer schliesslich mit seinen tief verborgenen Ängsten und Sehnsüchten. Der Musiker-Schauspieler Daniele Pintaudi verkörpert die Figur des Meister Zacharius, während das Nouvel Ensemble Contemporain (Leitung: Pierre-Alain Monot) gemeinsam mit den wunderbaren kinetischen Klangskulpturen Martin Müllers die grosse Weltenuhr von Schloss Andernatt darstellt.

Museum Tinguely Basel
27.06.2015, 19h30

Leo Dick / Martin Müller
Maître Zacharius ou l’horloger qui avait perdu son âme
Szenisches Melodram

Mit Daniele Pintaudi (Sprecher) und dem Nouvel Ensemble Contemporain (Leitung: Pierre-Alain Monot)